Leserbrief an die FAZ, von Wolf-Rüdiger Hansen
Leserbrief an die FAZ von Wolf-Rüdiger Hansen
Erschienen in FAZ/RMZ am 11.06.2018.
Bezug: Artikel in der FAZ/RMZ vom 7.6.2018 mit der Überschrift:
„“Frankfurt ist „wütend, besorgt und verärgert““ – Von Rainer Schulze
In RheinMain scheint eine Art politischer Vulkan ausgebrochen zu sein, der wohl der nahenden
Landtagswahl geschuldet ist. Frankfurts OB hat mit seinem Mantra „Bauen, Bauen, Bauen“ gezeigt,
dass man mit so einem singulären Thema eine Wahl gewinnen kann. Jetzt setzt sich die
Landesregierung auf diese Spur und führt mal eben bei der Nassauischen Heimstätte eine
Mietpreisbremse und eine Verlängerung der Bindungsfrist für Sozialwohnungen ein. Das Ziel ist
richtig. Möge es Bestand haben.
Gleichzeitig kommt Thomas Horn, Direktor des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain, mit dem
Vorschlag eines neuen Wohngebietes, das auf der Flurkarte wie eine Mütze auf dem Main-Taunus-
Zentrum aussieht. Postwendend haben sowohl OB Feldmann als auch der Frankfurter
Planungsdezernent Mike Josef verkündet, dass sie den Vorschlag unterstützen. Hört, hört, da könnte
doch der Verdacht aufkommen, dass hier eine Hand die andere wäscht: Herr Horn erhält die
Zustimmung zum MTZ-Baugebiet und die Herren Feldmann und Josef für ihren neuen Stadtteil an der
A5, der bisher nicht im Regionalen Flächennutzungsplan als Baufläche ausgewiesen ist.
Wie bekannt, wehren sich die Umlandgemeinden Steinbach und Weißkirchen heftig gegen den
neuen Stadtteil an der A5, aber eigentlich nur gegen dessen westlich der A5 liegenden Teil. Wenn der
Regionalverband und die Umlandgemeinden zustimmen, dann könnte also die Umwidmung der
Fläche östlich der A5 bald kommen.
Thomas Horn will dann gleich noch den Paragraf 8 der Hessischen Bauordnung so ändern, dass die
Möglichkeit für Bürgerentscheide gegen Bebauungspläne abgeschafft wird – und das am Rande des
von seinem Verband veranstalteten Kongresses mit dem Titel: „FrankfurtRheinMain baut – Schneller
bauen, besser wohnen.“ Die Investoren, die einen wesentlichen Teil des Auditoriums ausmachten,
haben sich bestimmt schon freudig in die Hände gespuckt.
Und wo bleiben die Bürger? Wo bleiben in Bezug auf den Stadtteil an der A5 die Antworten des
Stadtplanungsamtes auf deren zahlreichen Fragen?
Natürlich könnte die Regionalversammlung die Eigenschaft „agrarischer Vorzugsraum“ der Fläche für
den neuen Stadtteil an der A5 ändern. Aber sie kann wesentliche andere Eigenschaften der Fläche
nicht ändern, zum Beispiel dass hier Kaltluftentstehungsgebiete sind, über die besonders nachts die
westlichen Winde vom Taunushang und die nördlichen Winde von der Wetterau streichen. Sie
sorgen für Frisch- und Kaltluftzufuhr für Frankfurts nordwestliche Vororte bis hinein in die
Stadtmitte. Nach der kürzlich vor dem Ortsbeirat Praunheim erfolgten Aussage des Umweltamtes ist
vorhersehbar, dass in Frankfurt bald Temperaturen wie in Mailand herrschen – mit einer um ca. 5
Grad Celsius höheren Durchschnittstemperatur. Da muss die Stadt doch jedem Lüftchen freie Bahn
geben, das hilft, diesen Temperaturanstieg zu bremsen – zum Wohle der Bürger. Und eine große
Luftbremse wäre der Lärmschutzwall, der an der A5 gebaut werden müsste.
Planungsdezernent Josef fordert weiterhin, dass die im Landesentwicklungsplan enthaltene
Abstandspflicht von beidseitig 400 Metern von der 380 KV-Starkstromleitung gestrichen werden soll.
In dem Artikel wird er wie folgt zitiert: „Die Kommunen sollen selbst bei der Bauleitplanung die
angemessenen Abstände abwägen dürfen…“ Offenbar blendet er dabei zwei Aspekte aus: (1) Die
Vorsorge gegen Gesundheitsschädigungen bei Anwohnern, die bei einem zu geringeren Abstand
möglich sind, sowie (2) die Notwendigkeit eines Korridors für weitere zukünftige Stromleitungen, die
zur Versorgung für ganz Deutschland mit erneuerbaren Energien notwendig sind. Beides kann doch
nicht dem Ermessen einzelner Kommunen überlassen werden.
Dieser Machtkampf der Stadt Frankfurt verbunden mit der Idee des Regionalverbandes zur
Einschränkung von Bürgerentscheiden ist kurzsichtig und bürgerverachtend. /Ende
Quelle: Wolf Rüdiger Hansen, Graswurzeln,
mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung
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