Lärmschutz-Dilemma an der A5

Die Autobahn A5 von Frankfurt nach Kassel ist eine der am meisten befahrenen Autobahnen in Deutschland. Sie verläuft mitten durch die Flur, auf der die sogenannte Frankfurter Josefstadt geplant wird: für 30.000 Bewohner. Sie wird demnächst von acht auf zehn Spuren erweitert.

Das Entsetzen der Bürger über ein neues Stadtviertel, das mittig von so einer stark frequentierten Autobahn zerschnitten und dessen Lärmschutzwall die Frischluftzufuhr in die bestehenden Stadtviertel ausbremsen würde, entzündete sich schon während der ersten Bürgerpräsentation zur Josefstadt am 27. September 2017 im Titusforum in der Nordweststadt.

Blockade der Kaltluftzufuhr

So eine Autobahn erzeugt viel Lärm und Abgase. Für die Reduktion des Lärms würden auf beiden Seiten Lärmschutzwälle bzw. -wände errichtet werden müssen, die wie die Autobahn in Nordsüd-Richtung verliefen, also quer zur üblichen westlichen Windrichtung. Das ergäbe eine wirksame Barriere gegen die Winde, die für die Klimatisierung der Stadt unerlässlich sind.

Dabei ist zu unterscheiden zwischen Gradientenwinden und lokalen Kaltluftwinden:

  • Gradientenwinde entstehen durch Druckunterschiede in der Großwetterlage. Sie kommen bei westlicher Richtung über die Taunushänge und könnten vermutlich meistens auch die Schallschutzbarriere überwinden.
  •  Mit den lokalen Kaltluftwinden aber verhält es sich anders. Sie entstehen nicht durch Luftdruckunterschiede, sondern durch die Schwerkraft der Kaltluft, die über den Grünflächen entsteht. Diese Kaltluft bildet eine Schicht, die, wenn sie eine Höhe von acht oder zehn Metern erreicht, durch die Schwerkraft entlang der Falllinien in Bewegung gerät.

16 Meter hoher Lärmschutzwall

Die Kaltluft wird dann in den talartigen Vertiefungen der Josefstadtflur gebündelt und weht nach Osten. Dort stieße sie gegen den ungefähr 16 Meter hohen Lärmschutzwall und würde brutal blockiert. Genau diese Luft ist es aber, die in heißen Sommern dazu führt, dass die nächtlichen Temperaturen in den nordwestlichen Stadtvierteln Frankfurts reduziert werden – ein sehr angenehmer Effekt, der deutlich auf der Haut spürbar ist. In Anbetracht des Klimawandels und der Tatsache, dass Frankfurt heißeste Stadt in Deutschland geworden ist, wird dieser Kühleffekt für die Menschen immer wichtiger.

Die Wallhöhe von 16 Metern kommt zustande, weil die Autobahn das erwähnte Tal auf einem Wall überquert, der in der Talmitte, wo auch eine Unterführung liegt, sechs Meter hoch ist. Hinzu käme eine Schallschutzwand von mindestens zehn Meter Höhe. Das ergäbe in Summe mindestens 16 Meter.

Reduktion der Kaltluft durch Versiegelung

Wenn die Ackerflächen westlich der Autobahn bebaut – also versiegelt würden, dann führte das zu einem erheblich reduzierten Kaltluftvolumen. Die verbleibende Kaltluft käme dann möglicherweise gar nicht mehr über den Lärmschutzwall. Diese problematischen Zusammenhänge übersehen die Stadtplaner und Architekten geflissentlich, wenn sie aus der Vogelperspektive auf die Plankarte schauen.

Das „Lärmschutz-Dilemma“

… würde sich so darstellen: Um zukünftige Bewohner vor Lärm zu schützen, sollte die Wand möglichst hoch sein. Dann würde es leiser, aber die Frischluftzufuhr in die bestehenden Quartiere im Nordwesten würde brutal abgewürgt. Baute man die Wand niedriger, dann käme mehr Luft hinüber, aber auch mehr Lärm. Die Frankfurter Allgemeine vom 6.12.2017 titelte zu diesem Dilemma: „An der falschen Stelle … die Hindernisse sind enorm.“ Der Naturschutzverband BUND Frankfurt hat am 26.7.2018 eine Pressemeldung dazu veröffentlicht.

Die Bürger bringen dieses Thema seit zweieinhalb Jahren kontinuierlich zur Sprache, warten aber immer noch vergeblich auf Erklärungen der Stadt, mit welchem Recht sie ihnen diese ungesunden Umstände zumuten will. Das ist inakzeptabel.

5 Kommentare
  1. Kunz Anton sagte:

    Guten Tag.
    Bei Aschaffenburg wurde die A3 in einen Tunnel gepackt, für deutlich weniger Einwohner. So ein Tunnel ist weniger hoch und kann auch schräg auslaufen zu den Seiten hin. Hat jemand diese Alternative mal bei den Fachleuten ins Gespräch gebracht? Kennt sich jemand damit aus? Für Niederursel und die Nordweststadt wäre das vermutlich ein großer Vorteil.
    Anton Kunz, Niederursel

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  2. Marcus Dressler sagte:

    Die Zeiten haben sich geändert. De Bürger sind mündiger geworden; sogar unsere Jugend macht den “Allwissenden” noch was vor in Sachen Zukunftsdenken. Die Menschen , nicht nur die jungen, werden laut und unbequem. Wer das in der Politik nicht bemerkt, der wird bald kein Mandat mehr finden. Die aktuellen Akteure setzen wie so häufig in letzter Zeit aus falsche Pferd – und schaffen sich selbst ab.

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  3. Petra Weihönig sagte:

    Werter Herr Grabmann,
    Ihren grenzenlosen Optimismus bezüglich des Nichtzustandekommens der “Josefstadt” kann ich leider nicht teilen. Ich HOFFE INSTÄNDIG, daß Sie recht behalten. Leider habe ich Projekte vor Augen, bei denen sich die Dummheit bzw. Arroganz einiger, gegen das Wohl vieler durchgesetzt haben. Wir dürfen nicht nachlassen, wachsam zu bleiben; in dem Bestreben, unsere legitimen Forderungen PRO Mensch & Natur durchzusetzen.

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  4. Karlheinz Grabmann sagte:

    Noch zwei Jahre Planungen mit riesigen Kosten für ein Baugebiet, was nie kommen wird. Alles spricht dagegen! Wann hat das Frankfurter Stadtparlament den Mut diesen Bauwahnsinn zu stoppen. Die Stadtregierung CDU, SPD und GRÜNE bekommen nichts mehr auf die Reihe und hier scheinen sie vollkommen überfordert zu sein. Mit Ausnahmeregelungen will man sich alles schön reden und mit bezahlbarem -Wohnraum locken. Leider kann ein Neubaugebiet dies nicht leisten, da die Kosten zu hoch sind. Der Riedberg lässt Grüßen. Hier wurden große Verluste gemacht. Auf dem geplanten Baugebiet gibt es auch noch eine Ausgleichsfläche für den Riedberg. Na ja, dann verschieben wir diese nach Fechenheim. Diesen Kampf werden die jetzigen Stadtplaner nicht gewinnen können. Die Luft wird dünn und dünner werden bis zur Kommunalwahl 2021. Der Gegner ist einfach überlegen und hat die besseren Argumente, die auch die letzten Kritiker überzeugen werden.

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