Unklare Beschlusslage!

 

Zur Josefstadt Januar 2020

  • Unklare Beschlusslage
  • Verwirrende Kommunikation
  • Unaufrichtige Bürgerbeteiligung

Status des Frankfurter Bauvorhabens „Josefstadt“ und Bürgerbeteiligung

Verfasst von Wolf-Rüdiger Hansen – 21.1.2020

Der 13. Dezember 2019 war ein maßgeblicher Termin. Es tagte die Regionalversammlung, die auch den Regionalen Flächennutzungsplan (RegFNP) hütet. In diesem Plan ist die gesamte Flur, auf der die Josefstadt östlich und westlich der Autobahn A5 gebaut werden soll, mit einer Reihe von Auflagen versehen, die erst beseitigt werden müssten, wenn Frankfurt dort bauen wollte. Das sind insbesondere:

  • Grünzüge und Klimaschneise
  • Landwirtschaftliches Vorzugsgebiet

Dieser Flächennutzungsplan ist Bestandteil des aktuellen Planungsrechtes. Bedauerlich ist, dass Oberbürgermeister Peter Feldmann in seinen Reden und Interviews immer so tut, als hätten diese Auflagen keine Bedeutung. So wird er am 31.10.2019 in einem Interview in der Frankfurter Neuen Presse zitiert: „Auf Frankfurter Gebiet für Frankfurter preiswerte Wohnungen bauen ist keine Gnade von Dritten, sondern unser gutes Recht.“ Die FAZ schrieb dazu einmal, er kenne wohl das Planungsrecht nicht. Das kann ich mir aber nicht vorstellen. Da ähnliche Sätze von ihm immer wieder berichtet werden, ist das wohl sein – m. E. gegenüber den Bürgern unaufrichtiger – politischer Stil. Wahrheit ist, dass die Stadt sich an die Beschlusslage im Regionalparlament halten muss.

In Anbetracht der Heißzeit, der unser Planet entgegen geht, was bereits dazu geführt hat, dass Frankfurt die heißeste Stadt Deutschlands geworden ist, ist jedoch die Bedeutung der o. a. Auflagen immens gestiegen, denn wenn diese Flächen durch den Bau der Josefstadt versiegelt würden, dann würden hier die Kaltluftentstehung drastisch reduziert und die Sommer in den nordwestlichen Stadtvierteln Frankfurts und wohl auch in der Innenstadt deutlich heißer.

Wasserschutzgebiet Praunheim 2

Dieses Wasserschutzgebiet, das die Flur der Josefstadt zu mehr als 50% überdeckt, wird von der Stadt bisher nahezu ignoriert. Es befindet sich im Status „Festsetzung“. Der Vorgang ist bei der Oberen Wasserschutzbehörde beim RP Darmstadt in Arbeit. Dazu werden umfangreiche Untersuchungen über Grundwasserströme, Volumina und Reinheitszustand durchgeführt. Mit einer Festsetzung ist nicht vor Sommer 2020 zu rechnen. Dann würden ggf. die Grenzen arrondiert und die Stadt müsste Stellung nehmen, welchen Einfluss das WSG auf ihre Josefstadt-Baupläne hätte. Bis zur Festsetzung ist das WSG genauso gestellt, als wäre es bereits festgesetzt.

Bodenwert 80

Was in den Verlautbarungen der Stadt ebenso wenig vorkommt, ist die Qualität des Ackerbodens. Die gesamte Fläche ist mit einem bis zu 10 Meter tiefen extrem fruchtbaren und Wasser speichernden Lehmlössboden ausgestattet. Auf einer Skala von Null bis 100 beträgt ihr Bodenwert 80. In Deutschland gibt es nur wenige Flächen mit einer solchen Fruchtbarkeit. Nach Aussage des BUND darf ein solcher Boden überhaupt nicht bebaut werden.

Zur Beschlusslage

In der o. a. Sitzung am 13.12. wurden auf Betreiben der Umlandgemeinden die Auflagen nicht freigegeben. Die Begründungen bezogen sich überwiegend auf die Klimafunktionen, die aufrechterhalten werden müssten. Also kann Frankfurt derzeit noch keine konkrete Bauplanung beginnen. Es scheint so, als habe die Stadt akzeptiert, dass die Umlandgemeinden niemals zulassen werden, dass die Fluren westlich der A5 bebaut werden. Sie wollen Abstand zu Frankfurt haben – keinen „Siedlungsbrei“. Und sie wollen auch die Existenzgrundlage Ihrer Bauern schützen.

Aber Frankfurt will weiterhin im Osten bauen. Frankfurt müsste ein Zielabweichungsverfahren gemäß Baugesetz einleiten, um die im Wege stehenden Auflagen aus dem Weg zu räumen. Die Entscheidung darüber würde auf der Schiene Regionalverband, RP DA und Hessischer Wirtschaftsminister gefällt. Der Hessische Wirtschaftsminister hat jedoch mit seinem Planvorschlag „Frankfurter Bogen“ einen Hut in die Runde geworfen, der den Wohnungsdruck in Frankfurt reduzieren könnte. In diesem Vorschlag sind die bebaubaren Flächen der Region aufgeführt, die binnen 30 Minuten mit dem ÖPNV vom Frankfurter Hauptbahnhof aus erreichbar sind – eine realistische Alternative zur Josefstadt. Eine konstruktive Stellungnahme seitens der Stadt Frankfurt dazu habe ich noch nicht vernommen.

 

 

 

Auch eine „kleine“ Josefstadt würde die Kaltluft ausbremsen

Interessant ist noch ein Detail: Die Umlandgemeinden haben sinngemäß wissen lassen, dass Ihre Zustimmung zu einem Zielabweichungsverfahren denkbar sei, aber nur wenn es um die Flur östlich der A5 ginge – also die „kleine Josefstadt“ – und nur wenn es um eine Fläche von maximal fünf Hektar ginge. Das geplante Josefstadt-Quartier auf der Ostseite hat aber 42 Hektar. Das sieht also nicht gut aus für das Stadtplanungsamt – aber gut für die Klimavorsorge für die Bürger. Denn auch wenn es wie ein Kompromiss aussähe, wenn die Umlandgemeinden dem Bau auf der östlichen Fläche zustimmen würden: Der Bau des Ostquartiers allein wäre genauso schädlich für die Kaltluftversorgung der nordwestlichen Frankfurter Stadtteile, als wenn die gesamte Josefstadt mit 180 Hektar realisiert würde.

Aufleben bereits bestehender Bauplanungen

Die Stadt hat im Zuge der Diskussion wissen lassen, dass nun die schon länger rechtsgültigen Bebauungspläne westlich der Mosaikschule und nördlich der Heerstraße wieder aufleben würden. Wenn also, wie ich gehört habe, Bürger meinen, es werde ja jetzt gebaut, dann kann sich das nur auf diese beiden kleineren Bauvorhaben beziehen, nicht auf die Josefstadt. Ich denke, das muss uns Bürger nicht weiter beschäftigen, denn das würde die o. a. Schutzbedürftigkeit der Grünflächen und Klimaschneisen kaum beeinträchtigen.

Fragwürdige Bürgerbeteiligung

Das Stadtplanungsamt hat zum „Bürgerdialog“ am 15.2.2020 in das Hotel am NW-Krankenhaus eingeladen. Hier der Link: https://www.stadtplanungsamt-frankfurt.de/15_februar_2020_n_chster_beteiligungstermin_zu_frankfurt_nordwest_neuer_stadtteil_der_quartiere_19144.html?psid=74mgb5hlb90poh5dov584g4fe1

Aber über was wird denn ein Dialog mit uns Mitbürgern geführt? Man hört, dass es um die Mitarbeit an Gestaltungsvorschlägen für die Josefstadt ginge. Sollen die hier dargestellten Auflagen, die die Bebauung der Flur aus sehr gewichtigen Gründen gar nicht erlauben, nicht diskutiert werden? Sollen die Bürger mit Ideen für eine artifizielle Begrünung von Fassaden und Sedumaussaat auf den Flachdächern der Geschossbauten beschäftigt und ruhig gestellt werden? Wir Bürger sind gespannt. Es wäre hilfreich, wenn möglichst viele kritische Mitbürger an diesem Bürgerdialog teilnehmen würden. Gemeinsam können wir der Stadt vielleicht zu nachhaltigen und klimaschonenden Erkenntnissen verhelfen. Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Wolf-Rüdiger Hansen ist Aktivist und Naturschützer in Frankfurt am Main. Er engagiert sich in verschiedenen Frankfurter Vereinen und Bürgergruppen und ist ehrenamtlich mit der Bewirtschaftung von Streuobstwiesen befasst. Er analysiert die Mängel der Frankfurter Stadtplanung und hat sich in Anbetracht des Klimawandels gegen den neuen Stadtteils im Nordwesten beiderseits der A5 positioniert, der auch „Josefstadt“ oder seit November 2019 „Neuer Stadtteil der Quartiere“ genannt wird.

Frankfurt-Nordweststadt – Mobil: 0171 2257 520 – hansen@wrhansen.de

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