Euphemismus
… ist ein beschönigendes Wort, zum Beispiel „Freudenhaus“ statt „Bordell“ oder „das Zeitliche segnen“ statt „sterben“. So werden laut Duden möglicherweise anstößige oder unangenehm wirkende Bezeichnungen positiv gewendet oder umhüllt, indem angenehme Assoziationen erweckt werden. Euphemismen mögen als ästhetisches Stilmittel dienen oder auch der Absicht, etwas zu verschleiern. Dies in der Politik besonders mit dem Ziel, Widerstände von Bürgern oder Gremien zu brechen.
Der Begriff Frame, in der Anwendung Framing genannt, entstammt der kognitiven Wissenschaft. In Deutsch: gedanklicher Deutungsrahmen. Er verweist darauf, dass die Bedeutung unserer Sprache nicht rein objektiv wahrgenommen wird, sondern im Kontext mit zahlreichen mit dem jeweiligen Begriff verbunden Lebenserfahrungen.
Euphemismus und Framing sind sprachliche Mittel, um objektive Sachverhalte in ein angenehmes Licht zu rücken oder unangenehme Konnotationen zu verbergen. Der Übergang zu Unaufrichtigkeit oder Unwahrheit ist oft fließend.
Dies möchte ich nachfolgend anhand aktueller Beispiele aus der Frankfurter Stadtpolitik beleuchten. Ihnen, liebe Mitbürger, soll damit geholfen werden, dem Sprech der Politiker und ihrer Berater besser auf die Schliche zu kommen.

Beispiel 1: „Neuer Stadtteil der Quartiere“:
Dies ist ein elegantes Framing-Beispiel, eine Bezeichnung, die von den Experten des Consiliums geprägt wurde, das vom Frankfurter Stadtplanungsamt im Jahr 2019 einberufen wurde, um an der Gestaltung der Josefstadt mitzuwirken. Demzufolge soll die bisher als ziemlich monolithischer Block dargestellte Baufläche in sechs Quartiere umgeben von Grünzügen gegliedert werden, die „in sich lebensfähig“ sein sollen. So die Aussage des Berliner Stadtplaners Uli Hellweg, Leiter des Consiliums, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 4. Dezember 2019. Gemeint ist, dass jedes Quartier eine eigene Infrastruktur mit Geschäften, Schulen, Ärzten etc. erhalten solle. Man denkt dabei an etwas Urbanes wie etwa das Frankfurter Nordend.
Aber diese Quartiere hätten im Durchschnitt nur 5.000 Einwohner. Wie können die „lebensfähig“ werden? Wer soll die Kosten für sechsmal Infrastruktur aufbringen? Wird es nicht eher so sein, dass, sollte der Beschluss für den Bau der Josefstadt gefasst werden, die Quartiere in aller Stille wieder zusammengefasst und allenfalls eine Infrastruktur realisiert wird? Das wäre eine unaufrichtige Vorgehensweise.

Beispiel 2: „Wenn man dort baut, muss man die Grünzüge stärken…“
Also die Grünzüge zwischen den „Quartieren“ der Josefstadt, wie der Stadtplaner Uli Hellweg in seinem Interview in der FAZ vom 4. Dezember 2019 sagt. Hier wird total verschleiert, dass heute die gesamte Baufläche Teil eines Grünzugs ist, der im regionalen Flächennutzungsplan nicht als Baufläche ausgewiesen ist. Wenn hier gebaut würde, dann entfiele der größte Teil der vorhandenen Grünfläche – bis auf jene schmalen Grünzüge zwischen den „Quartieren“. Diese müsste man laut Hellweg dann wieder „stärken und erweitern. Die ökologische Bilanz des neuen Stadtteils könne sogar besser sein als heute.“ Wie das? Erst ganz schmal machen, dann wieder etwas breiter?

Wird hier auf das mangelnde Detailwissen der Bürger spekuliert und auf ihr blindes Vertrauen gegenüber externen Experten? Auf solche Tricks sollten wir Bürger uns nicht einlassen.

Beispiel 3: „Wir reden hier nicht über einen idyllischen Wald…“
Mit diesem Frame wird Mark Gellert, Sprecher des Frankfurter Planungsdezernats, in der Frankfurter Rundschau vom 23. März 2020 zitiert. Es geht dabei um den Bebauungsplan für das Schönhof-Quartier an der Rödelheimer Landstraße, das in ein „gemischt genutztes Quartier mit Schwerpunkt Wohnen weiterentwickelt werden soll.“ Ein sinnvolles Ziel.
Jedoch stehen auf diesem Gelände laut Bebauungsplan ca. 700 Bäume; davon 130 Allee- Bäume an der Rödelheimer Landstraße, die erhalten werden sollen. Weitere 100 Bäume werden als wenig lebensfähig eingeschätzt und sind vorab zur Fällung freigegeben. Das ist nachvollziehbar. Was aber wird aus den restlichen 470 Bäumen? Die sind in den Planungsunterlagen sorgfältig erfasst und als „wertvoll“ oder „erhaltenswert“ klassifiziert. Im weiteren Text lesen wir lapidar, dass diese gefällt werden müssen, um das „städtebauliche Konzept“ realisieren zu können.
Diese 470 Bäume meint Gellert wohl, wenn er von „idyllischer Wald“ spricht. Niemand hat diesen Begriff bisher verwendet – außer ihm. Aber auch ohne das Prädikat „idyllischer Wald“ hätten diese Bäume für das neue Viertel einen hohen Wert für Klimatisierung und CO2- Aufnahme. Die Planer aber versuchen nicht einmal einen Teil dieser Bäume zu retten.
Der Verweis auf geplante Neupflanzungen ist da wenig tröstlich, denn neue Bäume brauchen 10 bis 20 Jahre, ehe sie den Klimawert vorhandener alter Bäume erreichen. Wird hier der Frame „idyllischer Wald“ verwendet, um Bürger mental in den Wald zu schicken und so die Defizite der Stadtplanung zu verbergen? Dies insbesondere in Anbetracht der Unaufrichtigkeit des von den Dezernenten gerne benutzten Spruchs, die Stadtplanung müsse vom Grün her gedacht werden?
Liebe Mitbürger, lassen Sie sich also von unseren Politikern weder „euphemisieren“ noch „framen“. Bleiben Sie immer hart am Bedeutungskern der Sache.

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